Fürsorge in der Krise! Expertinnen diskutieren in Nördlingen
Gestern haben sich Expertinnen aus den Bereichen Betreuung, Versorgung, Erziehung, Pflege und Sozialer Arbeit in Nördlingen auf Einladung des KDFB Diözesanverbandes Augsburg e.V in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Maria S. Rerrich von der Hochschule München, Dr. Karin Jurczyk vom Deutschen Jugendinstitut und Maik Krüger von der Ludwig-Maximilians-Universität München zu einer Bestandsaufnahme und zu einem Austausch über Wege der Stärkung des Sozialen in Nördlingen getroffen und sich über die Versorgungslage in und um Nördlingen in diesen Bereichen ausgetauscht. Alle Anwesenden berichteten aus langjähriger eigener Erfahrung, was in der Stadt in punkto Fürsorglichkeit bereits gut läuft und machten Vorschläge, was man noch verbessern könnte.
Den Auftakt der Runde lieferte nach der Begrüßung durch die Diözesanvorsitzende Ulrike Stowasser ein fachlicher Impuls von Dr. Karin Jurczyk und Prof. Dr. Maria Rerrich zur gegenwärtigen Krise von Fürsorge. Diese zeige sich an vielen Stellen und in allen Sorgebereichen, so die Wissenschaftlerinnen, ob beim Spardruck in sozialen Einrichtungen oder im Stress der Angehörigen von alten oder kranken Menschen.
Bemerkenswert am Austausch war: Die Probleme im Sozialen sind häufig dieselben: Gestiegene Ansprüche an die Fachleute bei weniger Zeit und Personal, was häufig zu Überlastung führt. Die Überlastung beginne schon bei der Ausbildung, so Timo Meister, Dozent an der Fachakademie für Sozialpädagogik Maria Stern in Nördlingen. Gleichzeitig sind die Familien unsicherer geworden, wie Erziehung, Pflege von Angehörigen oder Versorgung gehen soll. Aber auch der häusliche Alltag stelle gerade junge Frauen vor Herausforderungen, so Doris Rau vom Hauswirtschaftlichen Fachservice in Nördlingen. Dazu kommt, dass im zunehmend mobiler werdenden Leben sowohl junge Familien als auch ältere Menschen oft ohne soziale Netzwerke da stehen. Ursula Guggeis, Leiterin der Caritas Sozialstation St Vinzenz, berichtete von einer starken Vereinsamung älteren Menschen gerade in kleinen Dörfern rund um Nördlingen. Genau aus diesem Grund wird auch vermehrt die Nördlinger Nachbarschaftshilfe angefordert.
Es wurde gemeinsam überlegt, wie diese Versorgungslücken zukünftig aufgefangen werden können, damit eine Care-Krise abgewendet werden kann. Fürsorgende Gemeinschaften - auch „Caring Communities“ genannt - ist hier das Stichwort. Claudia Miehling, Bereichsleiterin des Kinder- und Familienzentrum „Haus für Kinder", zeigte auf, dass in ihrem Haus, bereits eine solche fürsorgende Gemeinschaft praktiziert werden.
Angedacht wurden Modelle für eine Neuverteilung von Care-Arbeit. Informationen müssten lokal gebündelt werden und Angebote möglichst ortsnah sein. Sibylle Eberle, Koordinatorin der Hospizgruppe Donau-Ries e.V., hat die Vision, dass es vor Ort eine kommunale Care-Beauftragte für Menschen gibt, die in schwierige Situationen beraten kann und aufzeigt, wo unterstützende Maßnahmen angefordert werden können. Diese Vision fand großen Anklang.
Das Fazit: Die Runde war sich einig, dass es in Nördlingen schon viel gibt, das gut läuft und es gibt viele Netzwerke, die in anderen Regionen erst noch aufgebaut werden müssen. Und trotzdem gibt es noch vieles zu tun. Oft fehlt auch das Wissen voneinander und welche Angebote es auf den verschiedenen Ebenen gibt.