Hilfe für Waisenkinder in Namibia
Was war im Jahr 2003 ihr Impuls, sich gemeinsam mit ihrem Mann in Afrika zu engagieren?
Ich war aus heutiger Sicht privilegiert und konnte bereits mit 57 Jahren in Altersteilzeit gehen. Mein Mann hatte die Idee, mit mir nach Namibia aufzubrechen, nachdem er als junger Mann bereits 3 Jahre in Südafrika in verschiedenen Ländern gearbeitet hatte. Wir hörten von der Not der AIDS Waisen in Afrika und setzten uns damit auseinander. Wir sind beide Pädagogen und dachten ganz naiv daran uns in Kindereinrichtungen nützlich machen zu können. So entschieden wir uns, sechs Monate im Jahr in Namibia zu leben um zeitintensiv und sinnvoll helfen zu können.
Wie hat dieses Engagement Ihr Leben verändert? Zu einem Zeitpunkt im Lebenslauf, an dem andere Frauen ihre Ruhestand genießen, haben Sie ja nochmal etwas ganz neues aufgebaut.
Da ich schon immer ein neugieriger Mensch war, nahm ich gerne eine lebensverändernde Herausforderung an. Im ersten Jahr waren wir Fremde in der afrikanisch-namibischen Kultur. Das war nicht immer leicht, hilft mir aber heute, mich in Menschen die bei uns fremd sind, besser einzufühlen. Allmählich fanden wir Kontakte über die Katholische Pfarrei in der Hauptstadt Windhoek und dann auch zur schwarzen Bevölkerung. Es galt zunächst Menschen im Land, 11 ethnische Volksgruppen, in ihren Verhaltensweisen kennenzulernen und überhaupt die sozialen und politischen Verhältnisse zu verstehen. Wir lernten den Menschen zuzuhören und übten uns in Geduld und Toleranz. Uns wurde von Einheimischen gesagt, es sei schlimm, wenn Europäer besserwisserisch ins Land kämen. Das erinnere sie an die Zeit der Apartheid.
Heute sind sie 74 Jahre und blicken auf über 15 Jahre intensives Engagement zurück. Auf welche Projekte sind Sie besonders stolz?
Stolz bin ich nicht, eher traurig über das Abschiednehmen, aber sehr dankbar. Im Oktober 2018 trat ich meine letzte Reise an. Nach 15 Jahren sehe ich meine Aufgabe im Loslassen und ich kann das tun, in dem Wissen, dass für die Kinder wird weiterhin gut gesorgt. Ich hinterlasse keine Ruinen! Aber liebenswerte Kinder, Erwachsene und Freunde. Dies alles haben wir in den 15 Jahren geschafft:
2003 und 2004 war unser erster Einsatz im Norden des Landes in Omaruru, in zwei Waisenhäusern im Township. Es leben dort nach wie vor 34 Waisen- und Straßenkinder. In Omaruru haben einen gemeinützigen Verein gegründet. 2004 haben wir Urlaubs-Vertretungsaufgaben im Waisenhaus in der Hauptstadt Windhoek/Komastal. übernommen.
Ab 2005 folgte der mehrere Jahre dauernde Aufbau und die Vergrößerungen des Okakarara-Projektes: Dieses Projekt umfasst eine Nähstube, Kindergärten und Vorschulen, eine Großküche, die Theatergruppe und ein Hühnerprojekt in Zusammenarbeit mit Dr. Michael Hoppe und Sonja Schneider Waterbergs. „Steps for Children“. Das Projekt wird weiterhin über die „Stiftung Steps for Children Hamburg“ finanziert und vor Ort von Sonja Schneider Waterberg als Projektmanagerin betreut.
Ab 2014 kamen mehrere Projekte in der Hauptstadt Windhoek im Townships Katutura dazu. Zuerst der Bau des Kinderhauses „Safty Orlindi“ für Waisen und gefährdete Babys und Kleinkinder. Dieses Projekt erfolgte in Zusammenarbeit mit Karin Meissner aus Mannheim. Karin lebt seit über 15 Jahre in Namibia und betreut und finanziert mit viel Umsicht zahlreiche Kinder Projekte.
Ebenfalls in Katutura unterstützten wir seit 2016 die Kindereinrichtung „Childrens Home“. Barbara Winterfeld, eine Freundin von mir, lebt seit Jahren in Namibia, betreut das Heim und finanziert Medikamente für die kranke Heimmutter Justine und andere laufende Kosten für die Kinder.
Ein weiteres Spendenprojekt ist ein kleiner Kindergarten in Katutura. Eine Freundin von mir, Erika von Wietersheim, schaut regelmäßig vorbei und besorgt Notwendiges (was Not-wendet). Mit unserer Hilfe betreut sie außerdem seit 2016 im Süden des Landes, in Ketmanshoop, eine bedürftige Kindereinrichtung. Ihr Sohn Guido von Wietersheim, Farmer im Süden Namibias, setzt sich für die ärmste Volksgruppe im Lande, der Namas, ein. Mit Guido besuchte ich die von uns unterstützte Schule in der Stadt Maltahöhe. Im Vorbeifahren entdeckte ich am Stadtrand eine Wellblechhaltestelle. Bei Hitzegraden bis 40° sind Junge, Alte und Kinder dankbar für einen schattenspendenden Haltestop. Eine Originelle Idee von Guido, sie in deutschen und namibischen Farben streichen zu lassen.
Festus Tjikuua, Hererochief, wurde im Laufe der Jahre ein geschätzter und verantwortungsvoller Freund von mir. Er entwickelte und baute 2016 in völliger Eigenregie mit den Einheimischen in der kleinen Gemeinde Ombujomambonde im Hereroland ein ökumenisches Gebets-und Versammlungshaus und in jüngster Zeit einen Kindergarten für 50 Kinder. Wir übernahmen lediglich die Finanzierung.
Für mich war es ein Highlight zum Abschied bei der Einweihung dabei sein zu können. Nicht zuletzt im Wissen, dass es diese Hererogemeinde mit Stolz und Dankbarkeit erfüllt, selbst für sich, ihre Kinder und Enkel nachhaltig gesorgt zu haben.
Auf meiner Abschiedsreise 2018 besuchte ich die allermeisten von uns geförderten Projekte im Land. Ich nahm mir Zeit vor Ort mit den Verantwortlichen zu reden und mich von deren sinnvollen Einsatz zu überzeugen. Ich fühlte stehts, Gott saß bei allen Initiativen im Boot!
Dafür möchte ich ein großes Dankeschön sagen – in erster Linie meinem in der Zwischenzeit verstorbenen Mann und meinen beiden Kindern, die auf uns in einer Lebensphase verzichten mussten, als sie ihre Familien gründeten. Danken möchte ich allen Spender*innen für die über 1,5 Mio. Euro in 15 Jahren. Ich danke dem KDFB Diözesanverband Augsburg, den Zweigvereinen, dem Bundesverband in Köln, dem Augsburger Freundeskreis, dem Missionskreis St. Konrad in Augsburg, Stadtpfarrer Karl Mair und den Sternstunden e.V. in München.
Wenn Sie diese Entscheidung noch einmal fällen könnten – würden Sie diesen Weg wieder genauso gehen? Auf jeden Fall! Dieser sogenannte „Ruhestand“ ist und bleibt ein Highlight in meinem Leben! Ich fühle mich von Menschen und Gott reich beschenkt.
Weitere Informationen unter www.waisenkinder-namibia.de