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Portraitreihe selbst*bewusst*offen

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Gerti Erlewein war 38 Jahre Mitglied des KDFB, davon 34 Jahre lang engagiert in der Vorstandschaft des KDFB-Zweigvereins Aresing. Seit 2016 hat sie als Mitarbeiterin in der Notfallseelsorge (NFS) der Diözese Augsburg der neue, herausfordernde und erfüllende Aufgabe gefunden.

Rita Sieber: Gerti, wir sind Kolleginnen in der NFS. Was hat Dich dazu bewogen, Dich als Notfallseelsorgerin ausbilden zu lassen und auch regelmäßig Dienst zu tun?

Gerti Erlewein: Über eine Bekannte hat mich die NFS aus Pfaffenhofen mehrmals angefragt, ob ich mich in der NFS ausbilden lassen möchte. Damals war das aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich. In der Schrobenhausener Zeitung habe ich dann viel später eine Einladung zu einem Infoabend zur NFS gelesen. Das Thema hat mich immer noch interessiert, darum habe ich teilgenommen.  

Durch die Ausführungen fühlte ich mich angesprochen, diese Ausbildung zu machen, um dann als Notfallseelsorgern Dienst zu tun. Die Einsatzkräfte der NFS, die an diesem Abend von ihrem Dienst berichtet haben, waren sehr überzeugend. Ihre ehrlichen Aussagen haben mich sehr berührt.

An diesem Abend habe ich mich an den Satz eines Priesters erinnert: „Jeder Mensch hat von Gott gegebene Talente, die man zum Wohl für andere Menschen einsetzen soll“. Ich habe in mich hineingespürt und entdeckt, dass sich diese Tätigkeit für mich authentisch und echt anfühlt und zu mir passt.

Den Impuls: Hingehen – Dasein – Aushalten, den sich die NFS zum Leitsatz gemacht hat, habe ich schon früh in meinem Leben umgesetzt. In der Vergangenheit habe ich einige Menschen zum Ende ihres Lebensweges begleitet, sowie einer Familie in einer schweren Zeit im Tun, aber auch im Gebet beigestanden. Insgesamt ist es mir ein Anliegen, das mir von Gott geschenkte Talent für andere einzusetzen.

Bitte beschreibe Deinen Dienst bei der NFS. Wie können wir uns Deinen Einsatz vorstellen?

Wir arbeiten eng mit dem Kriseninterventionsteam (KIT) des BRK sowie anderen Einrichtungen zusammen und tragen uns in einen gemeinsamen 24stündigen Dienstplan ein. Vom Hintergrunddienst des BRK werden wir bei einem Einsatz alarmiert und fahren dann immer zu zweit zum Einsatzort. Wir arbeiten ökumenisch und stehen Menschen aller Glaubensüberzeugungen zur Verfügung. Unsere Einsatzarten sind z. B. häusliche Todesfälle, Unglücke, Verkehrsunfälle, plötzlicher Kindstod, sog. „Großschadenslagen“ wie z. B. Hochwasser und recht häufig auch die Überbringung einer Todesnachricht. Wir übernehmen die Betreuung von akut seelisch traumatisierten und trauernden Menschen, zeitnah nach dem Ereignis. Für die Menschen, zu denen wir gehen, ist plötzlich nichts mehr so wie es war. Es ist für sie wichtig, dass wir einfach nur da sind, um mit ihnen ihr Leid auszuhalten – das ist in diesem Moment das Wichtigste.

Wie verkraftest und verarbeitest Du die Eindrücke eines Einsatzes?

Ein Einsatz kostet mich schon viel Kraft, weil ich mit vielen Emotionen der betroffenen Menschen konfrontiert werde. Zu Hause gebe ich mit dem Schließen der Haustüre den Einsatz in die Hände Gottes und bitte um Kraft für die Betroffenen.

Meine Einstellung zum Leben hat sich verändert. Ich bin dankbar zuallererst für das Leben selbst und für meine Lebensfreude. Ich habe mehr Gelassenheit und Nachsicht mit mir selber und mit meiner Umgebung. Ich lebe mein Leben intensiver, weil mir bewusst wurde, dass nichts im Leben selbstverständlich ist, weil von einer auf die andere Minute auf die andere plötzlich nichts mehr sein kann, wie es war. Ich höre stärker in mich hinein und halte das möglichst von mir fern, von dem ich merke, es tut mir nicht gut.

Liebe Gerti, vielen Dank für Deine offenen und ehrlichen Ausführungen. Der Dienst in der Notfallseelsorge fordert nicht nur, sondern gibt auch viel zurück. Eingebunden in einer festen Gruppe von NotfallseelsorgInnen vor Ort sind wir gut ausgebildet und werden umfangreich begleitet.

Wir freuen uns über Interesse an unserer Arbeit und über neue Kolleginnen und Kollegen.

Nähere Info: www.notfallseelsorge-augsburg.de

Ganz neu ist dort auch der Jahresbericht 2017 einzusehen.

 

 

 

Autor: Rita Sieber, Referentin für Theologie und Spiritualität des Diözesanverbandes Augsburg
23.09.2018
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